Grenzen körperlicher Belastbarkeit und physiotherapeutische Prävention
13. Februar 2023|Tags zu diesem Artikel:Belastbarkeit, Physiotherapie, Prävention, Schmerzen, Training
Jeder von uns ist in seinem Leben einer gewissen Menge an Belastungen über einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt. Der Umfang, die Dauer und die Intensität dieser Belastungen sind entscheidend ob man krank oder gesund ist. In der Physiotherapie gehört es dazu die individuellen Belastungen eines Patienten abzufragen, einzuschätzen und anzupassen.
Schmerzen können aufgrund verschiedener Ursachen in unserem Körper entstehen, meistens gibt es nicht genau einen Auslöser, vor allem bei vielen orthopädischen Problemen ist die Entstehung der Krankheit, des Symptoms oder des Schmerzes oft multifaktoriell. Nicht nur haben verschiedene Faktoren einen Einfluss auf das Auftreten von Schmerzen, sondern auch der zeitliche Zusammenhang.
Die Belastung und Belastbarkeit eines Körpers lassen sich sehr gut anhand eines Bechers erklären.
Dieser Becher steht für die Belastbarkeit und kann natürlich unterschiedlich groß sein. Die Kapazität des Bechers hängt vor allem von Gesundheitszustand und Trainingszustand ab. Natürlich spielen auch andere Merkmale eine Rolle, die aber nicht beeinflussbar sind, z.B. Alter, Größe, Geschlecht.
Die Flüssigkeit, mit der dieser Becher gefüllt wird, stellt unsere alltäglichen Belastungen dar. Jeden Tag müssen wir unterschiedliche Aufgaben meistern. Häufen sich verschiedene Faktoren, wie Stress durch zu hohe oder zu viele Anforderungen, ungesunde Ernährung, Schlafmangel oder auch körperliche Beanspruchung, in starkem oder langandauerndem Ausmaß, dann ist die Kapazität unseres Bechers irgendwann erschöpft. Alle Belastungen des Alltags, ob beruflich, körperlich, finanziell oder familiär, führen dazu, dass sich unser Becher langsam füllt.
Je nach Trainingszustand ist also unsere Belastbarkeits-Kapazität entweder früher oder später erreicht. Und genau dann, wenn quasi dieser Becher überläuft, kommt es zur Entstehung von Schmerzen oder Einschränkungen am Bewegungsapparat und wir fühlen uns nicht mehr gesund.
Nach diesem Prinzip richtet sich auch die angewandte Therapie. Ist es ein Belastungsproblem oder ein Belastbarkeitsproblem oder auch beides? Entscheidend sind dabei die Anforderungen des Alltags, die der Patient zu bewältigen hat sowie das individuelle Ziel, das erreicht werden soll.
Für Physiotherapeuten ist es häufig das erste Ziel, die Schmerzen zu lindern, indem man versucht bestimmte Belastungen zu reduzieren oder zu optimieren.
Zum Beispiel versucht man bestimmte Gewebearten, wie Muskeln oder Gelenke zu entlasten, Bewegungen anzupassen oder zu optimieren und weitere Faktoren, die einen Einfluss auf die Gesundheit haben, zu berücksichtigen.
So gehört zur physiotherapeutischen Praxis auch die Vermittlung von Wissen über Schmerzen, Bewältigungsstrategien zur Stressreduktion, Ergonomie-Beratung am Arbeitsplatz, Verbesserung der Schlafqualität und vieles mehr mit zu unseren Aufgaben.
Ist der erste Schritt geschafft, geht es in die zweite Phase. Da wir uns nicht einfach immer weiter an diese schrumpfende Komfortzone anpassen können ist es wichtig unsere Belastbarkeit zu steigern, vor allem wenn wir langfristig auch gesund bleiben wollen. Das schaffen wir in der Physiotherapie durch Training. Training des gesamten Herz-Kreislauf-Systems, Training spezifischer Muskeln oder bestimmter Körperregionen. Wichtig ist nicht nur ein körperliches Training, sondern auch ein mentales Training. So kann zum Beispiel ein Entspannungstraining oder Atemtraining psychische Stressoren ausgleichen.
Durch Training findet immer eine Anpassung unseres Körpers an die geforderten Belastungen über das Ausgangsniveau hinaus statt. Das ist wichtig, nicht nur um unsere Leistung zu steigern, sondern auch, um unseren Körper belastbarer zu machen und somit das Auftreten von Krankheiten zu vermeiden.
Letztendlich geht es immer darum, mit Hilfe des Physiotherapeuten ein Gleichgewicht zwischen den Belastungen und der Belastbarkeit unseres Körpers zu erreichen oder aufrecht zu erhalten. Ein Gleichgewicht, in dem nicht nur körperliche Faktoren berücksichtigt werden, sondern auch psychische und soziale. Das optimale Gleichgewicht gibt es jedoch nicht und ist immer nur der Wunsch oder die Zielvorstellung. Denn unsere Umwelt ist dynamisch und so müssen auch wir uns ständig an die veränderten Bedingungen anpassen.